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Die neue Marvel-Serie Ironheart und YouTubes "Serienkritiker".
Kürzlich ist eine neue Marvel-Serie bei Disney+ erschienen und das allein ist keine große Nachricht. Irgendwas kommt ja immer von Marvel und die wenigsten Sachen haben mich so richtig vom Hocker gehauen. Und das ist OK. Die meisten Streaming-Serien sind nicht bahnbrechend gut, Marvel oder nicht.
Ironheart, die aktuellste Marvel-Serie, ist aber zumindest überraschend überdurchschnittlich OK. Ehrlich gesagt ist es länger her, dass mir eine Marvel-Serie so durchgängig Spaß gemacht hat.
Technik-Genie Riri Williams will in die Fußstapfen von Tony Stark treten, ist aber kein egozentrischer Milliardär, der mit Waffen und Krieg Geld gemacht, sondern eine junge Schwarze Frau um die 20, die (fast) jeden Job annimmt, um ihren Traum zu verwirklichen. Und dabei geht wie bei allen Coming-of-Age-Geschichten natürlich einiges schief.
Ironheart hat Herz und so verdammt viel Style, dass es mir egal ist, ob der Plot in sich schlüssig ist oder Konflikte sich vielleicht etwas zu schnell auflösen. Der Soundtrack wandert eins zu eins auf meine Favoritenliste bei Spotify, die Action-Szenen sehen – Marvel-Serien-untypisch – nicht nach uninspirierter CGI-Matsche aus, es gibt jede Menge absurd gut gekleideter Charaktere, über die ich unbedingt mehr erfahren will, und der wunderschöne Typ aus Good Girls ist auch dabei. Hello!?
Nur: Wer auf YouTube, X oder anderen Plattformen unterwegs ist, deren Algorithmen sich von absurd hochgepeitschten bis schlichtweg erlogenen Emotionen ernähren, dürfte den Eindruck bekommen, dass nie etwas Schlechteres über Fernsehbildschirme geflackert ist. (Merkt man an dieser Formulierung, dass ich eigentlich zu alt bin, um noch Zielgruppe für Ironheart zu sein?)
“Iconic Disaster”, “Hilarious Garbage”, “2 Hours of Brain Rot” – lebe ich in einer anderen Realität als Männer-reden-vor-Videospielaufstellfiguren-in-eine-Kamera-Accounts wie The Critical Drinker, Nerdrotic oder The Movie Cynic?
Äh, klar. Ganz offensichtlich. Denn ich versuche mich bei aller Subjektivität ernsthaft mit den Dingen auseinanderzusetzen, über die ich mir öffentlich eine Meinung bilde.
(Der Trailer fängt den Zauber der Serie leider nicht so richtig ein)
Viele Popkultur-YouTuber – nicht alle, aber definitiv die oben genannten – hingegen wollen Geld verdienen, in dem sie einer rassismus- und frauenfeindlichkeitsaffinen Internetmeute komplett aus dem Arsch gezogene Talking Points liefern, warum zufällig nahezu alle Serien oder Filme, die irgendeine Art von Diversität abbilden oder für eine weibliche Zielgruppe produziert wurden, schlecht sind.
Weil die Hauptfigur sagt, dass sie es schwerer hat als Tony Stark, denn der war unglaublich reich. Weil sie ein Genie ist und diese Rolle im MCU gefälligst nur Männern zugeschrieben werden darf. Weil sie moralisch fragwürdige Entscheidungen trifft. Weil in einer Serie über eine schwarze Hauptfigur in einem Vorort von Chicago auch andere nicht-weiße Menschen vorkommen. Weil eine Drag Queen mitspielt.
Desaströs. Garbage. Brain Rot.
Und wenn die Serie selbst so ein extremes Urteil nicht hergibt, denkt man sich eben einfach Dinge aus. Die Fans prüfen das nicht nach. Die gucken die Sachen, die sie reflexhaft von der ersten Ankündigung hassen, sowieso nicht.
(Ich liebe den YouTube-Account Th3Birdman generell. Konkret in diesem Video wird anhand von Ironheart sehr gut aufgeschlüsselt, auf welcher Kellerebene hier argumentiert wird)
Es macht Klicks, Disney-Serien und -Filme verbal in den Boden zu stampfen, insbesondere wenn die Protagonist:innen nicht weiß oder heterosexuell sind. Das muss man als Content Creator gar nicht mal selbst rassistisch meinen. Aber wer mit oberflächlicher Pseudo-Kritik auf den Hate-Train springt, sollte sich bewusst machen, warum sein Video plötzlich so gut performt.
Ich liebe Verrisse. Ich mag Leidenschaft und Diskurs und manchmal bin ich schon in einem Text dramatisch über das Ziel hinausgeschossen und habe mir später gedacht: Mhm, vielleicht habe ich etwas übertrieben. Aber: Die Leute, die ich als Kritiker:innen lese, höre und schaue, kommen immer aus einer Position der Liebe für die Kunstform, was heißt, dass sie selbst schlechten Titeln ein Mindestmaß an Respekt und ehrlicher Emotion entgegenbringen.
Warum also sollte ich mir die Meinung von jemandem anhören, die nur existiert, weil die Person verstanden hat, dass man auf YouTube mit Content für rassistische Incels am einfachsten Geld verdient?
Aber hey, ich will nicht unfair sein. Vielleicht sind diese Typen auch einfach fucking schlecht in ihrem Job.
Community-Aufgabe (das hier ist ein wiederkehrendes Newsletter-Element)
Welche YouTube-Kanäle könnt ihr im Bereich Film- und Serienkritik empfehlen? Über welche habt ihr euch zuletzt so richtig geärgert? Schreibt es mir in die Kommentare!
🫀 Lisa
P.S.: Nicht schlecht in ihrem Job sind hingegen meine ehemaligen Kolleg:innen von Moviepilot. Max und Matthias haben im Streamgestöber-Podcast über Ironheart gesprochen und waren ähnlich positiv überrascht wie ich.
Fandoms sind so hochgradig toxisch, das fängt bei Marvel an und geht über Star Trek und Star Wars bis hin zu Herr der Ringe. Ich hätte zum Beispiel gerne ein zweite Staffel von The Akolyte gesehen, aber dank der Hater (da braucht es wohl kein *innen) wird es die niemals geben. Eigentlich wollte ich Ironheart nicht gucken, eben weil mich Marvel nicht mehr soooo interessiert wie noch vor Jahren, aber jetzt muss ich es wohl doch ... ;-)
Ich gebe schon lang nix mehr auf die gängigen Marvel Kritiken.
Negatives Klickt sich anscheinend besser und wenn wie du sagst kein weißer heterosexueller Mann im Mittelpunkt steht können diese Menschen nix gutes über diese Serien sagen. Aber die werden halt auch nicht einsehen, dass sie vllt. Einfach Mal nicht die Zielgruppe sind. Und das man sich auch in Charaktere hineinversetzen kann die nicht ihr Ebenbild (naja Wunschvorstellung Ebenbild) sind. Aber dafür bräuchte man ja Interesse an den Lebenswirklichkeit en andere Menschen und Empathie.
Ich Feier auch nicht alles was Marvel so macht, bei der Masse an Inhalten auch logisch und einiges ist objektiv nicht gut. Aber ich hab mit vielen Serien und Filmen meinen Spaß.
YouTube Kanäle habe ich keine Empfehlungen aber als Podcast hör ich gerne Radio Nukukar, weil die (inzwischen) Popkultur aus positiver sicht betrachten. Das feiern was man liebt und nachvollziehbare Kritik aufzeigen wenn nötig. Eben weil die auch genug haben von all der Hirnlosen negativität.