Liebe Freund:innen des Newsletters,
ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber irgendwie sind die Zeiten der ganz groß beklatschten Serienstarts vorbei. Zumindest auf Netflix. Jedes Mal, wenn ich die App öffne, sehe ich die gleichen drei Kacheln, die mich seit Jahren dazu bringen wollen, Ginny & Georgia zu gucken. Es wird nicht passieren, Netflix! Gleichzeitig kann ich mich nicht erinnern, wann ich in den letzten zwei Jahren das Gefühl hatte, dass es diese eine Serie gab, die wirklich jeder sehen musste. Außer vielleicht Kaulitz & Kaulitz.
In der Theorie zumindest kam am 27. Juni ein echter Blockbuster zurück. Die dritte und angeblich letzte Staffel von Squid Game, der südkoreanischen Drama-Serie um abgefuckte Menschen die in einem noch abgefuckteren kapitalistischen System ums Überleben kämpfen müssen.
Dann wurde mir vor Start der Staffel folgende Werbung angezeigt:
(Eine deutsch- oder englischsprachige Variante des Clips habe ich bei YouTube nicht gefunden)
Und ich hatte keine Lust mehr.
Das hier ist natürlich nicht das erste Mal, das ein Unternehmen mit Squid Game wirbt. Es gab schon Kooperationen mit u.a.
Und natürlich: fucking Fortnite. Der Großteil davon übrigens zur zweiten Staffel.
Die erste Staffel von Netflix war ein absoluter Überraschungserfolg. Ich weiß noch, wie ich am Erscheinungstag zufällig über die Serie gestolpert bin, sie an einem Wochenende durchgebingt habe und danach mit weitaufgerissenen Augen ins Büro kam und meinte: Wir müssen was zu Squid Game machen.
Das bedeutet aber auch, dass Netflix keine Ahnung hatte, wie viel Geld sie mit dem Titel machen können. Also haben sie das nachgeholt.
Ich mache noch nicht mal dem Konzern an sich Vorwürfe, denn seien wir ehrlich: Im Kampf um Profitabilität würde ein Streaming-Anbieter zum Remake von Der Junge im gestreiften Pyjama auch eine Schlafanzugkollektion rausbringen. Beim Thema angemessenes Marketing habe ich – übrigens auch erst so richtig seit Squid Game – jede Hoffnung verloren.
Was ich nicht verstehe ist, wie ein ganz normaler Mensch diese Serie gucken und sagen kann: Ja. Geil. Ich möchte diese Trainingsanzüge tragen, ich möchte Burger mit dem Logo drauf essen, und vor allem aber möchte ich dieses tödlichen Spiele immer und immer wieder in einem reinen Challenge- und Unterhaltungskontext sehen, als Videospiel, als scheiß Mr. Beast-Video und natürlich auch als Reality-Show auf Netflix, denn auf meiner Couch bin ich Caligula mit Chipstüte.
Mit jeder Neuauflage und Gamifizierung von einem Überlebenskampf, der nur existiert, weil die Schere zwischen Arm und Reich (nicht nur in Südkorea, aber bleiben wir bei dem Beispiel) so groß ist, dass man eigentlich sowieso schon tot ist, wenn man kein Geld hat, stirbt ganz konkret in mir ein weiteres bisschen Vertrauen an die Menschheit ab.
Es passieren schlimmere Dinge in der Welt als geschmacklose Marketing-Kampagnen und die maximal hirntote Nicht-Interpretation einer Serie, die uns nicht deutlicher und zeitgemäßer ins Gesicht schreien könnte: Ihr seid das Problem!
Aber wenn ich einen Wunsch äußern kann für den Rest des Streaming-Jahres, dann ist es folgender: Netflix, Menschen vor Bildschirmen, bitte lasst Squid Game sterben. Ich flehe euch an. Keine dummen Influencer-Shows mehr. Keine fehlgeleiteten Werbekampagnen wie aus einer dystopischen Sci-Fi-Serie. Und bitte, bitte, bitte keine vierte Staffel mehr, kein Ableger, nichts.
Es reicht.
Community-Aufgabe (das hier ist ein wiederkehrendes Newsletter-Element)
Wie seht ihr den öffentlichen Umgang mit Squid Game und: Lohnt es sich trotz allem, die dritte Staffel zu gucken? Schreibt es mir in die Kommentare!
🫀 Lisa
Ich fand die dritte Staffel besser als die zweite Staffel. Spannender, packender....
Und David Fincher steht ja schon für die Regie des US-Ablegers bereit.
Liebe Lisa, da musst du stark sein. Meine Serie, die mich zuletzt sehr abgeholt hat, war MOBLAND. Pierce Brosnan, Helen Mirren, Tom Hardy... Und packende Gangstermachtkämpfe. Brutal und sehr spannend.