Hi Friendos,
ich glaube, ich muss mir eine andere Grußformel für diesen Newsletter überlegen. Letzte Woche habe ich, wie im Mai-Empfehlungs-Newsletter angekündigt, den Film Clown In A Cornfield gesehen und der buchstäbliche Clown im Kornfeld heißt Friendo. Mir meine Leser:innenschaft als eine Gruppe Horrorclowns vorzustellen tut nichts für mich, außer vielleicht angstinduzierte Magen-Darm-Probleme.
Deswegen: Es muss sich etwas ändern. Oder ich sitze das Ganze aus, bis ich den Film vergessen habe. Denn er war sehr unterhaltsam, aber so erinnerungswürdig dann auch wieder nicht.
Egal, darum soll es überhaupt nicht gehen. Stattdessen reden wir über andere Arten von Clowns, konkreter: (Junge) Frauen, die sich online nach rechts radikalisieren.
Video # 1+2: Die Alt-Right-Pipeline für Frauen
Khadija Mbowe habe ich vor mehreren Jahren auf YouTube abonniert und kann euch das allen nur empfehlen. Sie hat einen sehr analytischen Blick auf vermeintliche Frauenthemen und erklärt leicht verständlich, wie Rassismus im 21. Jahrhundert nach wie vor den Blick auf Schönheit, Gesellschaft und Kultur prägt.
Was hat das mit der Pipeline nach Rechts zu tun? Alles. In Mbowes Video geht es vor allem darum, wie Gossip-Kanäle Empathie abtöten und der Trend zu mehr Spiritualität, “sauberem” Essen und Selbstoptimierung langsam aber bestätig nach rechts führt.
Aber fokussieren wir uns auf das Thema Gossip oder konkreter: YouTube-Kanäle, die sich mit drohenden oder aktuellen Gerichtsfällen auseinandersetzen. Erst war Johnny Depp vs Amber Heard die klicktechnische Cash-Cow für Leute, die schon immer mal ungestraft frauenfeindlich sein wollten. Jetzt ist der Fall Justin Baldoni vs Blake Lively überall. Und ratet mal, was besser klickt? Genau, Pro-Baldoni-Content.
Die Journalistin Taylor Lorenz, die übrigens auch in Mbowes Video zitiert wird, vergleicht diese Art von Kanälen, die Frauen bewusst als verachtenswert und manipulativ inszenieren, mit Kanälen, die sich durch Sport- oder Ernährungstipps an Männer richten, und sie anschließend immer tiefer in die Manosphere ziehen. Das muss nicht einmal der bewusste Plan der Creator sein. Die Algorithmen bereiten den Weg. Du hast vier Videos geguckt, auf dessen Thumbnail eine Frau als Hexe stilisiert wird? Dann interessierst du dich bestimmt für dieses Video, wo dir jemand erklärt, warum Feminismus Frauen schadet, oder Abtreibung Mord ist, oder Männer von Natur aus die besseren Entscheidungsträger sind.
Es steckt aber trotzdem durchaus menschliches System im “Misogyny Slop Ecosystem”, wie Lorenz und ihre Gesprächspartnerin im Video, die YouTuberin Ophie Dokie, Gossip- und Crime-Kanäle beschreiben. Nehmt euch die 50 Minuten. Lohnt sich!
Video #3: Wenn Männer in Männer verliebt sind, aber panisch “No Homo” nachschieben
Falls ihr wie ich seid und ständig Nachschub für eure “Später ansehen”-YouTube-Liste braucht, habe ich noch zwei weitere Video-Essays für euch, die ich mir sehr gerne angeguckt habe. Beim Abendessen. Auf der Couch. Denn der Esstisch ist nur für Besuch. Ach, ich schweife ab.
In diesem Video geht es um Männer, die für Männer schwärmen und wie solche “Man Crushes” in Filmen und Serien dargestellt werden. Ich für meinen Teil finde, jeder Mann sollte mal einen anderen Mann geküsst haben und dieses aktuelle Video von Supermaus Pedro Pascal und meinem Lieblingsfreak Alexander Skarsgård ist nur ein Grund von vielen. Und: Auch heterosexuelle Männer dürfen andere Männer attraktiv finden oder können einschätzen, ob andere Männer attraktiv sind, wenn sie danach gefragt werden, ohne dass das irgendeine Aussage über ihre Sexualität trifft.
Wie sich eine Art heterosexuelle Verliebtheit von einem Mann gegenüber einem anderen in der Regel aber eher ausdrückt – gerne von panischen Hinweisen begleitet, auf gar. keinen. Fall. schwul zu sein – zeigt dieses kurze, knackige, irgendwie traurige und auf eine Art auch cute Video.
Video #4: Kultur ist vorbei, falls ihr euch gefragt habt
Dieses sehr wild inszenierte Video hingegen versucht das Unmögliche: Das Gefühl steigender Hoffnungslosigkeit und die Ahnung, dass wir uns in den ersten 12 Minuten eines dystopischen Sci-Fi-Films mit sehr niedrigem VFX-Budget befinden, in 58 Minuten und eine (!) Sekunde zu packen.
Kultur heißt jetzt Content, Content wird nicht mehr für Menschen, sondern für Maschinen gemacht und um Politik geht es natürlich auch, weil alles politisch ist. Außerdem klatsche ich jedes Mal in die Hände, wenn jemand meine ausgeprägte Ablehnung gegenüber Mr. Beast und Jake Paul teilt. Immerhin: Solange der YouTube-Algorithmus mir noch solche Videos in die Timeline ballert, ist nicht alles verloren. (Oder die Maschinen mögen mich? Hey, Maschinen!)
Überraschung: Bonus-Video!!
Das ist jetzt etwas sehr Persönliches, aber ihr lest hier meinen Newsletter und ich muss mich vor niemandem rechtfertigen außer Zukunfts-Lisa: Ich liebe, liebe, liebe das Desperate-Housewives-Computerspiel aus den 2000ern. Meine jüngste Schwester und ich haben es am Stück in meinem Kinderzimmer durchgezockt. Seitdem habe ich auf verschiedensten Wegen versucht, es bei mir zum Laufen zu bringen, um diese unendlich gute Mischung aus Sims und Soziopathie-Simulator noch einmal erleben zu können.
Ohne Erfolg.
Dafür hat jetzt ein gottgesandter YouTuber (sucht euch einen Gott/eine Göttin aus, oder mehrere, ich persönlich fand polytheistische Religionen schon immer ein bisschen sexier) ein eineinhalbstündiges Video hochgeladen, in dem er die Story des Spiels und seine Erfahrung damit zusammenfasst. Danke, danke, danke. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Es ist eben doch nicht alles schlecht.
Community-Aufgabe (das hier ist ein wiederkehrendes Newsletter-Element)
Welches YouTube-Video fandet ihr zuletzt so richtig gut, witzig, lebensverbessernd? Postet es mir in die Kommentare!
🫀 Lisa
Hahahaha, ich schreie. Dieses Desperate-Housewives-Spiel hab ich mit meinem kleinen Bruder gespielt und muss da so oft in random Momenten dran denken. Großartiger Video-Tipp, danke!
Momentan suchte ich bestimmte, wundervolle Videos von Sturmwaffel, gemeinsam mit meinem Mann. Er - also Sturmwaffel, mein Mann allerdings auch - ist sympathisch, manchmal bekommt man Bock selbst die Rezepte zu testen, manchmal ist man von den Supermärkten und den getesteten "Leckereien" genervt. Eine lange Zeit habe ich mir Mr. Wissen to go angeschaut, um die Problematik in Syrien, dem Gaza-Streifen etc. besser zu verstehen, aber derzeit halte ich diese politischen Themen gar nicht mehr aus.